Whitestone Hospital 02 – Drowning Souls by Ava Reed

Whitestone Hospital 02 – Drowning Souls by Ava Reed

Autor:Ava Reed
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Lübbe AG
veröffentlicht: 2022-12-20T08:43:02+00:00


24. Kapitel

Sierra

Mitch küsst mich. Dieses Mal ist er es, der seinen Mund auf meinen drückt – und nicht umgekehrt. Dieses Mal bin ich es, die einfach nur dasteht, weil mich diese Situation überfordert.

Er knabbert an meinen Lippen, hält mich nah bei sich, und eine Stimme in meinem Kopf sagt mir, dass das hier keine gute Idee ist. Weil ich seine Kollegin bin. Weil ich keine Ablenkung brauche oder will. Weil ich keine Gewissensbisse haben will, wenn ich besser bin als er. Nur weil es bei Laura und Nash funktioniert, heißt das nicht, dass es bei uns funktionieren kann. Die beiden sind die Ausnahme. Und wie zum Teufel soll ich das hier weiter zulassen, selbst wenn es sich gut anfühlt, wenn die Angst vorm Scheitern zu groß ist. Ich will nicht enden wie meine Mom, die für sich allein nicht mehr richtig existieren kann und fest daran glaubt, jemand anderes wäre für ihr Unglück im Leben verantwortlich. Mein Herz möchte weinen, weil es nicht weiterweiß. Weil es das hier will und genießt, gleichzeitig aber in Schuldgefühlen ertrinkt.

Die Albträume sind nicht Mitchs Schuld, sondern meine. Diese Narben sind es auch, egal wie tief sie sind und wie viele es davon gibt. Jede einzelne Narbe auf Mitchs Körper geht auf mein Konto.

Ich war zu langsam, zu ängstlich, ich war nicht gut genug.

Doch all das wird zu einem Hintergrundrauschen, als Mitch seine Hand an meine Wange legt und über meine Haut streicht. Sein Daumen fährt an meinem Kiefer und meinem Kinn nach unten über meinen Hals und die Arterie, und ich muss ein Stöhnen unterdrücken, als seine Zunge meine berührt. Langsam, sanft, quälend.

Wenn ich will, kann ich es stoppen. Jederzeit und ohne Probleme. Ich könnte ihm auch einfach eine runterhauen. Doch stattdessen stehe ich regungslos da und ringe innerlich mit mir selbst.

Bis Mitch ohne Vorwarnung stoppt und sich von mir löst. Unser heftiger Atem trifft aufeinander, mein Herz pocht so stark und laut, dass ich glaube, es hören zu können, und mein Blutdruck kann unmöglich im normalen Bereich liegen. Können Küsse zu einem Herzinfarkt führen? Ich sollte das wissen. Verdammt, warum weiß ich das nicht?

Ich schlage die Augen auf, sehe Mitch an und möchte am liebsten schreien, weil ich das hier nie wollte. Weil ich es jetzt will und mich verdammt egoistisch fühle.

»Ein Wort und ich …«

»Halt die Klappe, Rivera!«, rüge ich ihn, und im nächsten Moment stelle ich mich auf die Zehenspitzen und küsse ihn wieder. Schließe die Lücke zwischen uns und schlinge meine Arme um ihn. Wir torkeln zusammen ein paar Schritte, bis Mitch mit dem Rücken gegen die Tür prallt und ihm ein unerwartetes Keuchen entweicht.

Hätte nie gedacht, dass sich etwas Falsches so richtig anfühlen kann.

Seine Hände gleiten über meinen Rücken, über meinen Kasack und unter ihn, jagen eine Gänsehaut nach der anderen über meinen Körper, während sein Mund den meinen erobert und seine Lippen mich in den Wahnsinn treiben. Mitch riecht fantastisch, er hat nie aufdringliches Parfum oder zu viel Deo benutzt, soweit ich das beurteilen kann, und im Gegensatz zu anderen, die bei derartigen Düften in die Knie gehen, liebe ich das.



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